„Man braucht zwei Jahre, um sprechen zu lernen, fünfzig, um schweigen zu lernen.“
Ernest Hemingway

Wenn man von Sucht spricht, denkt man zuerst an Drogen, Alkohol oder Glücksspiel. Dabei kann man sich tatsächlich von allem möglichem abhängig machen. Das ist manchmal so schwer zu durchschauen, dass es einem gar nicht bewusst ist. Manchmal wird eine Sucht auch auf eine andere Ebene verschoben, um damit weiterhin seine Muster zu bedienen. Wenn jemand beispielsweise süchtig nach Schokolade ist und stattdessen zu Chips greift, weil er glaubt Schokolade mache ihn süchtig, verschiebt sich die Sucht lediglich auf eine andere Ebene. Solche Sabotagen sind der Grund, warum Abnehmerfolge ausbleiben, denn die eigentliche Ursache wurde nicht erkannt. Ein weiteres simples Beispiel, um es zu verdeutlichen ist, wenn jemand mit dem Rauchen aufhören möchte und stattdessen auf E-Zigaretten umsteigt, weil er glaubt diese schaden seiner Gesundheit nicht. Dahinter könnte ebenfalls eine verschobene Sucht liegen. Es gibt aber auch Verhaltensweisen, die aus meiner Sicht einer Sucht nahe kommen und die man als solche nicht einordnen würde.

Es kann eine Sucht sein, immer eine Meinung zu allem haben zu müssen. Es gibt Menschen, die immer zu allem etwas sagen oder in einem Gespräch das letzte Wort haben müssen. Schaut man sich die aktuelle Entwicklung in den Medien und Nachrichten an, geht es nicht mehr um Fakten, sondern um die Meinungen einzelner Sprecher oder Publizisten. Ich persönlich habe nichts gegen die Meinungsfreiheit. Es kann auch eine bewusste Entscheidung sein, Stellung zu beziehen. Ich sehe dennoch einen feinen Unterschied zwischen Meinungsfreiheit und der Sucht nach Meinungsäusserung. Die Meinungsfreiheit ist eine Bedingung und die Sucht nach der Meinungsäusserung ist eine innere Haltung.

Wenn sich jemand nur gut fühlt, wenn er permanent seine Meinung zu allem äussern kann, ist er entweder Politiker oder sollte seine Haltung überdenken. Wenn jemand anderen ständig seine Meinung aufdrückt, nimmt er sich damit nicht nur die Möglichkeit den eigenen Blick zu erweitern, sondern stülpt anderen auch seine Sichtweisen über. Versucht man denjenigen von seiner Meinung abzubringen, verhält er sich in der Tat wie ein Süchtiger.